Wenn in Politik und Medien vom Wohnungsmangel die Rede ist, richten sich die Schlagzeilen meist auf die Wohnimmobilien von großen Immobilienfirmen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Immobilienpreis bei Eigentumswohnungen. Die Preisentwicklung ist vor allem in großen Städten enorm. Bei den Kaufpreisen und dem mangelnden Neubau führt das zu neuen Herausforderungen.
Dabei wird leicht übersehen, dass ein erheblicher Teil des Mietwohnungsmarkts in privater Hand liegt – häufig bei Menschen, die nur wenige Wohnungen besitzen und selbst in direkter Nachbarschaft dazu leben.
Diese privaten Vermieter sichern nicht nur Millionen von Mietverhältnissen, sondern prägen vielerorts das soziale Gefüge ganzer Stadtviertel. Aktuelle Zahlen und Praxiserfahrungen zeigen: Ihre Rolle wird wichtiger – gleichzeitig wachsen die wirtschaftlichen und regulatorischen Herausforderungen.
Ein Immobilienmarkt, den Privatleute prägen
Aktuellen Erhebungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft zufolge vermieten in Deutschland über 5,5 Millionen Menschen Wohnraum in privater Hand. Damit stellen sie fast zwei Drittel aller Mietwohnungen – rund 64 Prozent der insgesamt 25 Millionen Einheiten (Stand 2022).
Seit 2011 hat sich ihre Rolle deutlich verstärkt: Während die Zahl der angebotenen Wohnungen um etwa sechs Prozent zulegte, stieg die Zahl der Vermieterhaushalte sogar um knapp ein Drittel. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist ihr Anteil an allen Haushalten von rund 10 auf 13 Prozent gewachsen – ein klarer Beleg für die zunehmende Bedeutung dieser Gruppe.
Wer diese Vermieter sind – und was sie antreibt
Hinter diesen Zahlen stehen Menschen, die oft selbst in ihren Häusern oder im direkten Umfeld der vermieteten Wohnungen leben. Diese räumliche Nähe schafft häufig persönliche Bindungen und eine andere Art von Verantwortung gegenüber den Mietern.
Einen authentischen Einblick gibt das Gespräch mit Philipp Netz in unserem Podcast Fundament und Finanzen. Netz, früher Banker und seit einigen Jahren privater Immobilienbesitzer, bringt es auf den Punkt:
„Gewohnt wird immer … Die Nachfrage nach gutem Wohnraum ist in guten Lagen weiterhin ungebrochen.“
Philipp Netz Immobilienbesitzer und Unternehmer
Seine Worte verdeutlichen: Privates Vermieten ist weit mehr als Renditeoptimierung. Es ist ein wichtiger Beitrag zur Wohnraumversorgung, Lebensqualität und sozialen Stabilität in Städten und Gemeinden.
Einstieg und Alltag – Hürden und Chancen
Philipp Netz berichtet, dass die größte Hürde beim Einstieg meist die Finanzierung ist. Seine Erfahrung aus dem Bankwesen habe ihm geholfen, Risiken realistisch einzuschätzen und sich optimal auf Kreditgespräche vorzubereiten. Sein Rat: Nicht auf Panikmache oder ungeprüfte Tipps hören, sondern nüchtern kalkulieren und gut vorbereitet auftreten.
Das Bild des wohlhabenden Vermieters relativiert sich ebenfalls: 2022 erzielten private Vermieter im Median rund 5.500 Euro Nettomieteinnahmen pro Jahr. Zwei Drittel lagen unter 7.500 Euro, etwa neun Prozent machten Verluste. Knapp ein Fünftel dieser Haushalte gehört zu den einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen. Vermietung als Altersvorsorge oder Kapitalanlage ist daher keineswegs nur etwas für Besserverdienende.
Stadt-Land-Gefälle und regionale Unterschiede
Regionale Daten zeigen, wie stark die private Vermietung mit der lokalen Struktur zusammenhängt: In Kleinstädten mit bis zu 20.000 Einwohnern ist etwa jeder sechste Haushalt Vermieter, in Großstädten nur gut jeder neunte. Spitzenreiter sind Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bayern – Bundesländer mit hoher Eigentumsquote und dezentraler Siedlungsstruktur.
Netz betont, dass in attraktiven Lagen die Nachfrage konstant hoch bleibt. Zudem seien private Vermieter oft näher an ihren Mietern und könnten so schneller und direkter auf Anliegen reagieren – etwas, das bei großen Wohnungsgesellschaften häufig fehlt.
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Mehr InformationenPolitische Herausforderungen: Aktuelle Entwicklung und Kaufpreise
Trotz steigender Zahlen privater Vermieter wird der Wohnungsmangel dadurch nicht automatisch gelöst. Vor allem energetische Sanierungen stellen eine enorme finanzielle Belastung dar: Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, wären jährlich über 70 Milliarden Euro an Investitionen nötig – davon gut 25 Milliarden allein von privaten Vermietern.
Gleichzeitig ist die Refinanzierung schwieriger geworden: Nur noch ein Teil der Kosten darf auf die Miete umgelegt werden, strengere Mietpreisbremsen begrenzen den Spielraum, und steigende Zinsen erhöhen den Druck zusätzlich. Netz weist darauf hin, dass sich manche Eigentümer deshalb aus dem Markt zurückziehen könnten – was das Wohnungsangebot weiter verschärfen würde.
Nah an den Mietern – und wichtig für die Gesellschaft
Private Kleinvermieter leisten einen oft unterschätzten Beitrag: Sie sichern flexiblen Wohnraum, investieren in ihre Immobilien und Nachbarschaften und tragen damit zur sozialen Stabilität bei. Ihre Motivation reicht von Altersvorsorge über Vermögensaufbau bis hin zum Wunsch, Werte zu schaffen und Verantwortung zu übernehmen.
„In der Niedrigzinsphase entstand vielfach der Eindruck, dass jeder mit Immobilien schnell reich werden kann. Das hat sich relativiert – es braucht eine solide Vorbereitung und immer auch Risikobewusstsein.“
Philipp Netz Immobilienbesitzer und Unternehmer
Fazit: Ohne stabile Rahmenbedingungen kein stabiler Mietmarkt
Fakt ist: Ohne private Vermieter wäre die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum in Deutschland kaum möglich. Politik und Gesetzgeber stehen daher vor der Aufgabe, Klimaschutz und Mieterschutz mit wirtschaftlicher Tragbarkeit für Vermieter auszubalancieren. Eine Überforderung dieser Gruppe könnte das Angebot weiter verknappen und Mieten weiter steigen lassen.
Die Kombination aus Marktdaten und Stimmen aus der Praxis zeigt klar: Private Vermieter sind und bleiben eine tragende Säule des deutschen Mietwohnungsmarkts – und verdienen sowohl Anerkennung als auch verlässliche Rahmenbedingungen.
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